Heinrich Federer über Pastors Papstgeschichte P P astors Papstgeschichte ist eines der wenigen Werke, die mich durchs ganze Leben begleitet haben. Das Lob eines Standwerkes, hier ist es nicht mehr Lob, sondern Natur und Wesen. Wer könnte sich noch über die Kirchengeschichte und die Päpste orientieren ohne Pastor? Selbst Historiker gegensätzlicher Weltanschauung benutzen sie, merken auch, wieviel ihrer eig-enen, diese Domäne berührenden Arbeiten auf Pastor fußt und warten auf jeden neuen Band. Denn jeder ist eine Bereicherung: sei es ein Aufdecken dunkler Stellen, sei es Entdecken ungekannter Gebiete, jederifalls ein Belichten der Strecken von Meilenzeiger zu Meilenzeiger, so daß man jeden Schritt der Frau Historia sieht. Oft habe ich mich gefragt, ob es noch ein so schwieriges Thema gebe, wie diese Jahrhunderte-Schilderung in einer Reihe von Köpfen. Und was für Köpfen l Von Charakteren, die nicht aus einem und demselben Dynastenblut, sondern aus allen Ständen, Gewerben und Landstrichen sprossen, Hirtenblut und Adelsblut, Bauernnerven, Nerven rauh wie Schwerter und Nerven wie der Seidenfaden. Aber die Sonderpersönlichkeit eines Papstes ist nicht die eigentliche Schwierigkeit; sondern das Schwere, woran auch ein Gregorovius oft vorübergeht, wurzelt in dem einerseits politisch Menschlichen, anderseits sakral Priesterlichen, das sich mit delikatestem Dualismus verbindet, das ein Nur-Politiker niemals, ein Wissenschaftler nur halbwegs, erst eine religiöse, seelenhafte Natur begreifen, kritisieren, würdigen und als Porträt in seinen Rahmen setzen kann. Wer Julius II. nachliest oder Alexander VI. oder Sixtus IV., der wird mir beistimmen: Ewigkeit mit Weltlichkeit, Chrisam mit Schießpulver, Weihrauch mit Parfüm, Heiligstes mit allen Gebrechen un"serer Natur. Doch hinter den Äußerlichkeiten steht das Ursprüngliche und Unveränderliche des Papsttums, man hört die Stimme Petri sogar aus den Borgiabanketten heraus, wo andere nur noch Diplomatie und Intrige vermuten. So kommt es, daß gerade die schattigen Bildnisse nicht den Glauben verkleinern, sondern ihm erst recht Begeisterung einflößen. Ja ich hatte oft das Gefühl, Pastor dürfte manchen Schatten noch schärfer hervorheben. Im übrigen muß gesagt werden, daß nichts Menschliches verheimlicht, aber auch keine Sensation versucht wird, die billig, aber unhistorisch wäre. Man sehe nach bei den klassischen Zeichnungen Cesare Borgias, Savonarolas,